Freitag, 2. Februar 2018

Im besten Restaurant Regensburgs

Wie man sich doch täuschen kann: Weder Anton Schmaus' Storstad, noch Franziska Kraus' Gänsbauer, noch Roter Hahn, noch Mirabelle oder Silberne Gans sind die besten Restaurants Regensburgs 2017 gewesen. Wie fiel ich bloß dieser irrigen Annahme anheim ..?

Kommt das davon, wenn man seine Nase zu tief in den Guide Michelin und den Gault&Millau steckt? Hätte ich doch bloß die in Wahrheit einzig relevante Quelle in Fragen kulinarischen Geschmacks konsultiert ...

Nein, nicht den Falstaff, der die Arberhütte (tatsächlich!) mit 84 von 100 möglichen Punkten vor dem Bischofshof (82) vorne sieht. Nein, die anspruchsvolle Kundschaft von lieferando.de hat, von göttlicher Vorsehung geleitet, anders entschieden: Bronze geht ans Rimini, Silber an die Twins und Gold  ... {Trommelwirbel} ... geht an ... Ashai Running Sushi in der Theodor-Storm-Straße 18 in Regensburg.
von Robert Bock

Die Überraschung legt sich, Pläne werden wild. Das beste Restaurant der Stadt darf ich mir keinesfalls entgehen lassen. Wer das Rimini (das RIMINI!) und die Twins (ey, gib dir das mal Alder!) auf die Plätze verweist, der muss ein Gigant der guten Küche sein.

17,70 EUR plus Getränke und all-you-can-zwing versus 150 Euro plus/minus X für skandinavische Häppchen im Storstad?! Und das beste ist ja: Dieses von irgendwelchen Spakos so gehypte Storstad taucht ja nicht einmal auf im Ranking von lieferando.de! - Hallo!? Verdammte Systemmedien mit ihren Alternative Facts! Auf nach Kumpfmühl!

Es ist Sonntag kurz nach 10 Uhr, ich versuche telephonisch zwei Plätze für den Mittag zu ergattern. Ich mag die Nonchalance mit der asiatische Damen am Telephon quaseln ohne auf die eigentlichen Fragen einzugehen.
Dreimal ereignet sich, sinngemäß, denn wortwörtlich kann ich es nicht transkribieren, der folgende Dialog: "Könnte ich bitte für 2 Personen heute um halbzwölf Uhr reservieren?" --- "Jaaajaaa ...Öffnen halbzwölf ... jaaajaaa." [Repeat] ... Wenigstens die Gegenfrage, ob ich eine Apfeltasche dazu wünsche, wird nicht gestellt. Beruhigend.

Wir brechen trotzdem auf ... Meine charmante Begleiterin und ich sind überpünktlich. Ein überaus freundlicher Herr mittleren Alters, mutmaßlich der Chef, sperrt uns die Tür auf und bittet uns in gepflegtem, wenngleich nicht völlig akzentfreiem Deutsch in die gute Stube.

Die wird dominiert von einem laaaangen, einstöckigem Förderband um das herum sich die Sitzplätze nebeneinander reihen. Es ist gemütlich warm, das Lokal ist keinesfalls kitschig eingerichtet, blitzsauber und gepflegt. Kein Vergleich mit Kyoto und Tokyo in der Innenstadt, nicht ansatzweise!

Wir entscheiden uns jeweils für eine Kanne Jasmintee, derweil das Förderband sich in Bewegung setzt. Noch ist nicht viel aufgeladen. Ein paar Sushi, ein paar Krabbenchips auf den üblichen bunten Plastiktellern samt transparenter Glosche.

Vor uns steht eine Menage. Darauf ein formschönes, quaderförmiges Gefäß mit duftendem Gari, einem zylinderfömigem Behältnis mit luftig aufgespritzem Wasabi und ein Fläschchen mit Soja-Sauce.

Die Stäbchen sind hier keine Einwegware aus Holz, sonderm aus Metall und ruhen auf einem Besteckbänkchen. Sehr stilvoll und hochwertig wirkt das alles bis jetzt auf uns im Vergleich zu den Running-Sushi-Konkurrenten in der Altstadt.

Der Chef serviert den Jasmintee in einem wunderschönen Teeservice. Er bittet uns noch kurz zu warten mit dem Kosten, noch müsse der lose Tee ein wenig ziehen. Zwei Damen aus Fernost schneien herein, man scheint sich zu kennen. Gäste, kein Personal. Kein schlechtes Zeichen ...

Der Tee schmeckt vorzüglich, ich fische mir das erste Tellerchen vom geräuschlos daheingleitenden Band.

Die Sushi sehen handwerklich ordentlich aus. Ich untertreibe: liebevoll und mit Sachverstand verfertigt, die Rohstoffe frisch und ohne jeden Anlaß zur Kritik, sofern man nicht die Ansprüche eines japanischen Sushimeisters anlegt oder je in Düsseldorf im Restaurant Nagaya getafelt hat. Ich will die Fotos für sich sprechen lassen, ich meine, das sollte genügen.



Die Abteilung "Warmes" fällt leider gegenüber den Sushi ab: Mit drei Gerichten und einem Sojasprossensalat zu eintönig, alles frittiert, alles süß-sauer. Das kann man besser machen, das hat uns beide ganz und gar nicht vom Hocker gerissen. Das kenne ich beispielsweise vom Akakiko in den Arcaden deutlich vielfältiger und besser.



Irgendwann kommt der Moment, wo sich die Langeweile rührt ... Gibts nichts zum Nachtisch?

Ah, da! Obstsalat. Keine gebackenen Bananen ...? Ok, dann Obstsalat. Der ist frisch, nicht aus der Dose, die Früchte knackig. Der Apfel HUI! Was ist das? Salz? Gehört sich das so oder hat der Koch in den falschen Tiegel gegriffen? Nein, so kann man einen Apfel nicht genießen. Probiert es aus. Schokolade und Salz: Spitze! Apfel und Salz - njet!

Fazit: Die Geschichte mit dem "besten Restaurant Regensburgs" taugt, obschon sie wahr ist und das war mir selbstverständlich von vorneherin klar, höchstens als Brüller des Tages.

Die Kundschaft von lieferando.de mag so entschieden haben, aber die stell ich mir lieber nicht bildlich dabei vor, wie sie mit bunten Bildern auf die Arschbacken und chinesischen Schriftzeichen für Brühwürfel in den Nacken gestochen, in Uncle-Sam-Klamotten auf Kunstledersofas von Domäne Poco lümmelt und Gastronomie-Expertisen ins iphone hackt, während sich Kevin und Schaklien um den Controller der Konsole balgen.

Zumindest kenne ich jetzt alle drei Lokale auf dem Siegertreppchen 2017 aus eigener Anschauung und stets, immer und jederzeit würde ich Ashai Running Sushi den Twins und dem Rimini vorziehen, wenn man mich zwingen würde wieder eines dieser drei Lokale aufzusuchen. Offen gesagt: Hierher würde ich auch ein zweites Mal gehen und das freiwillig, denn wer das "Konzept Running Sushi" mag, ist in Regensburg - meiner unmaßgeblichen Meinung nach - nirgendwo besser aufgehoben.


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