Mittwoch, 17. Mai 2017

Müller-Thurgau-Maniacs (XI): Martin und Stefan Pichler aus Krems


Martin und Stefan Pichler gebührt die Ehre, als erste Österreicher Aufnahme in den Kreis der Müller-Thurgau-Maniacs Aufnahme zu finden.

In Niederösterreich, genauer gesagt in Krems an der Donau sind die Brüder daheim. Dort, 70 Kilometer westlich von Wien, am Eingang zum Weinanbaugebeit Kremstal und unmittelbar östlich angrenzend an die berühmte Wachau, bauen die Juniorchefs des in dritter Generation im Familienbesitz befindlichen Weinbaubetriebs Weinbau Pichler im Mitterweg 46 im rund 25.000 Einwohner zählenden Krems Wein und Obst an, was das angeht, vor allem Marillen am Fuße des Göttweigers.

Opa Erich Pichler sen. begründete im Jahr 1984 die Pichler'sche Weinbauerndynastie, sein Vater Erich jun. und Anna führen den Betrieb fort und ihre Söhne Stefan und Martin stehen in Weinberg und Keller längst ihren Mann und sind mittlerweile reif, den Stab zu übernehmen. Die vierte Generation steht mit Stefans und Evelyns Sohn Andreas seit 2016 in den Startlöchern.
von Robert Bock

Krems rechnet zum niederösterreichischen Weinanbaugebiet Kremstal. Urgesteinsböden im Westen, Löss und Lehm im Osten und Süden prägen die Geologie. Am Rande des pannonischen Klimagebietes strömt zur Reifezeit aus der Hochebene des umliegenden Waldviertels kühle, sauerstoffreiche Luft in das Tal. Daraus resultieren große Schwankungen zwischen Tag- und Nachttemperatur. Die Temperaturschwankungen, die hohe Luftfeuchtigkeit und die Herbstnebel begünstigen die Würzigkeit und die Finesse der Weine der Region.



Von leichten, fruchtbetonten Qualitätsweinen bis hin zu eleganten, vielschichtigen Reserveweinen finden sich viele Ausbaustufen im Sortiment der Pichlers. Die Sortenvielfalt reicht vom Grünen Veltliner über Riesling, Chardonnay, Muskat Ottonel, Gelber Muskateller zum Rivaner und einigen Rotweinen. 
Mit 2,5 ha Rebfläche ist das Weingut der Familie Pichler nicht gerade groß, aber Small is beautiful und stellt, ebenso wie die lange Weinbautradition der Stadt Krems (Weinbau seit dem 3. Jahrhundert n.Chr.) und die Familientradition große Herausforderungen dar. 
Auf zwei traditionsreiche Lagen verteilen sich die Pichler'schen Rebflächen: Die Riede Sandgrube zeichnet sich durch einen leichten Lößboden aus, der einen optimaler Wasserspeicher darstellt. Die leichte Südneigung begünstigt die Sonneneinstrahlung. Man hat von dort einen schönen Blick über die Stadt Krems, und die Weingärten befinden sich in unmittelbarer Nähe des Weinkellers.

Die Großriede Sommerleiten befindet sich oberhalb der Stadt Krems in Richtung Egelsee. Der Boden entspricht stellenweise einem Urgesteinsboden. Durch einen Weingarten zieht sich sogar eine Steinader.Von hier aus hat man den schönsten Blick auf die Stadt Krems, die Donau sowie bis nach Göttweig. Hoch droben auf dem Hügel thront das barocke Kloster mit seinem atemberaubenden Panoramablick.



Welche Rolle der Müller-Thurgau für Familie Pichler angesichts der Sortenvielfalt des Betriebes spiele, frage ich Stefan Pichler. Er antwortet:

"Unsere Geschichte mit der Rebsorte "Müller-Thurgau" (in unserem Betrieb unter dem Synonym "Rivaner" vermarktet) ist noch sehr jung. Im Frühjahr des Jahres 2015 erwarben wir eine stattliche Fläche Rebland mit ca. 50 Jahre alten Müller-Thurgau Reben. Unser erster Gedankengang war: "Lass uns zeigen, was in dieser, auch im kleinen Österreich verkannten Sorte, steckt - welch stilistische Höhen wir mit den Vorzügen einer solchen Lage und diesen Reben erklimmen können."

Bedingt durch das Alter der Stöcke und dem daraus resultierenden, gemäßigten Ertragsmengen (ohne zusätzliche ertragsregulierende Maßnahmen) konnten wir in der Tat einen Rivaner von besonderer Finesse und Dichte gewinnen, der sich - oft zum Erstaunen vieler Weinkenner und trotz kritischer vorurteilsbehafteteter Einstellungen - in die Herzen so mancher Weingenießer einbetten konnte. Dies wiederum spiegelt sich in unserer Freude, dem empfundenen Stolz wieder, einen kleinen Teil dazu beitragen zu dürfen, dieser weitgehend geschmähten Sorte zu einer - hoffentlich - positiven Reputationevolution verhelfen zu können."

Soweit also einer der beiden Macher dieses Weines - was ergaben unsere Verkostungsnotizen?

2016er Rivaner "Alte Rebe" Qualitätswein trocken | Weinbau Familie Erich Pichler | Krems/Donau | Niederösterreich | Österreich
12,5% Alc. | RZ 7,8g/L | Säure 6,0 g/L | Schraubverschluß | 5,20 EUR/0,75L ab Weingut

Im Glas (Spiegelau Authentis Weißweinkelch): Sehr helles Gelb, klar
In der Nase: Ananas, kandierte Birne, grüner, frisch aufgeschnittener Apfel
An Zunge und Gaumen: stark moussierend, frisch, animierend, schöne, nicht zu breite Säure, mineralisch, stoffig | grüner Apfel, Zitrusfrüchte (reife Zitrone), Zitronenmelisse, Zitronenzesten

Der im Stahltank ausgebaute Rivaner der Pichler-Brüder knistert auf der Zunge, derart besticht er durch seine herausragende Frische. Ehe man sich's versieht, entfaltet dieser sehr stringent konzipierte Wein einen beängstigenden Trinkfluss. Frucht und Säure präsentieren sich bestmöglich austariert.

Langer Rede kurzer Sinn: Wem dieser Rivaner an warmen Sommerabenden keine Freude und Erfrischung bereitet, der wird an Müller-Thurgau/Rivaner vermutlich nie und nimmer Freude finden. Ein wunderbarer, frisch-fruchtiger Weißwein, der Lust darauf macht die anderen Weine der Familie Pichler kennenzulernen. Wer so einen Rivaner produziert, verdient zurecht, sich Müller-Thurgau-Maniac nennen zu dürfen.



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