Freitag, 30. Juni 2017

Einkehr in der Höhe (Teil 1)

Meine treuen Leserinnen und Leser wissen, dass ich gerne nach Südtirol reise. Seit meiner Kindheit ist das so und es zieht mich bevorzugt ins Meraner Land.


Man könnte meinen, wenn einer die Gegend oft besucht hat, kenne er dort jeden Gastronomiebetrieb. In Südtirol scheint mir das, selbst beschränkt auf den Mikrokosmos des Meraner Beckens, des angrenzenden östlichen Vinschgaus und südlichen Passeiertals, ob der schieren Zahl der Lokale unmöglich.

Auch hat man im Lauf der Jahre bestimmte Wirtshäuser liebgewonnen, möchte sie gerne erneut besuchen aber die Urlaubstage sind gezählt und wie immer viel zu knapp veranschlagt ... Aber ich habe mir vorgenommen, in jedem Urlaub dort zumindest ein Lokal anzusteuern, das ich noch nie besucht habe. So auch kurz vor Pfingsten 2017.
von Robert Bock

Überdies will ich vermeiden, meine treuen Leserinnen und Leser, die die zahlreichen Berichte meiner zurückliegenden Südtirol-Exkursionen bereits gelesen haben, zu langweilen, drum stelle ich diesen Artikel unter ein ungewöhnliches Motto: Einkehr in der Höhe.

Soll heißen, in gastonomischen Betrieben Südtirols, die von einfacher Brotzeit für Wanderer (oder Marende, wie die Einheimischen sagen) bis zu Spitzenleistung der Küche, die sich in einschlägigen Gourmet-Führern wiederfindet, reichen.

Gemeinsam ist den vier Betrieben, die ich in diesem, seines Umfanges wegen zweitteiligen Berichts vorstellen möchte, nur, dass sie Südtiroler Küche bieten, oberhalb ca. 1000 Höhenmetern residieren und man sie teils nur mit der Seilbahn oder zu Fuß erreicht.

Die Leiteralm oberhalb Algund und Velau (1550 Hm)


Wer die Gegend kennt, kennt die Seilbahn zur Hochmuth in Dorf Tirol, die Wanderer binnen Minuten von 600 auf 1400 Höhenmeter und somit in eine andere Welt versetzt. Flora, Fauna, Luft und Panaorama - eine Pracht, ein Wunder! Wer hier nicht staunt, ist abgestumpft.

Meine charmante Begleiterin hat sich extra richtiges Wanderoutfit zugelegt. Dabei werden wir heute "nur" von der Bergstation der Seilbahn entlang des Hans-Frieden-Weges zur Leiteralm wandern. Bis zum Einstieg in diese Abschnitt des berühmten Meraner Höhenweges, der in mehreren Tagesetappen rund um die Texelgruppe führt, ist steil, die Luft ist dünn und der Flachlandmensch bereut jedes teuer angefutterte Kilo auf den Rippen.

Unmittelbar an der Bergstation der Seilbahn liegt das Gasthaus Hochmut (1400 Höhenmeter, ordentliche Küche, aber von Fußkranken und gehfaulen Touristen meist hoffnungslos überlaufen).
Einige wenige Treppenstufen oberhalb befindet sich der Hofschank Oberhochmuth, den ich persönlich als Gast noch nicht kenne).

Dann wirds steil: 100 Höhenmeter in einer gefühlten Senkrechten gehts teils auf Treppenstufen, teils auf schmaler steiler Rampe bergauf.

Sobald man das Gasthaus Steinegg auf 1500 Höhenmetern erreicht hat, wird das Vorankommen zwar körperlich bequemer, aber manchem Wanderer mulmig im Gekröse. Südtiroler sprechen von einer "ausgesetzten Lage", wenn ein maximal zwei  Meter breiter Weg an einem jähen Abgrund ohne Absicherung entlang führt.

Man sollte schwindelfrei sein, wenn man auf dieser Route zur Leiteralm gelangen will, soviel ist sicher. Alternativ steigt man von Dorf Tirol oder Algund zu Fuß nach Vellau und nimmt von dort aus den Korblift. Wer gar nicht wandern mag, kann von Algund nach Vellau auch den Sessellift nehmen.

Ich liebe den ausgesetzten Hans-Frieden-Weg. Immer wieder zwinge ich mich innezuhalten, um das Panorama zu geniessen, dem Plätschern eines Baches oder dem Gebimmel von Ziegen zu lauschen, die in nahezu senkrechten Hängen nach Nahrhaftem grasen. Und um zu Verschnaufen. Die dünne Luft ist meine wohlfeilste Ausrede für mangelnde Fitness.


Nach rund einer Stunde ist das Ziel erreicht. Zuvor nochmals rund 100 Hm im schattigen Wald steil bergan, dann schält sich die Leiteralm auf ihrer Lichtung auf 1550 Hm aus dem dichten Nadelwald. Mitte des Vormittags ist hier noch nicht sehr viel los. das ändert sich  erfahrungsgemäß im Lauf des Tages ...

Wir bestellen frische Buttermilch, eine hausgemachte Holunderblütenschorle und teilen uns ein Stück Apfelstrudel mit Vanille-Eis.

Wir sind noch satt vom Frühstück in unserem Hotel in Dorf Tirol, aber - hey! - eine Almwirtschaft ansteuern, ohne wenigstens einen halben Apfelstrudel zu verspachteln ...?

Ich trinke daheim nie Buttermilch, aber hier zählt das für mich zum Ritual. Meine charmante Begleiterin hat noch nie in ihrem Leben Buttermilch getrunken und ihre Begeisterung will sich gar nicht mehr legen. Es zeigt sich wieder einmal, dass die großen Genüsse oft unscheinbar und schlicht daherkommen ...

Wir sitzen noch ein Weilchen, geniessen das Pulsieren des Blutes in unseren Beinen und die Aussicht. Irgendwann brechen wir auf.











Das Gasthaus Steinegg (1500 Hm)


Mittagessen im zuvor passierten Gasthaus Steinegg haben wir uns vorgenommen. Lammbraten war dort annonciert, als wir vorhin vorbeigekommen sind. Das Fleisch vom eigenen Hof: Lamm, Rind, Ziege. Speck und Kaminwurzen stellt man selbst her. Und: Dort bin ich, ob seiner Lage nahe der Bergstation, im Gegensatz zur Leiteralm, noch nie zuvor eingekehrt ...

Wir haben Glück: Gerade, als wir ankommen, wird ein Tisch mit sensationeller Aussicht aufs Etschtal bis hinunter zu den Dolomiten frei. Im Dunst greifen die Zacken des Rosengartens in den Himmel und das Weite Tal der Etsch funkelt im Licht der hellen Sonne wie ein Säckchen Diamanten.

Wir studieren die Speisekarte: Rindsgulasch, Kaiserschmarrn, Lammleber mit Bratkartoffeln, Speckknödlsuppe, Dreierlei Nocken ... Hmhmhm.

Holunderblütenschorle für die Dame, Traubenschorle - nein, alkoholfrei! - für den Herrn, dazu zweimal den Lammbraten mit Speckknödel.

Der Service ist, wie überall in Südtirol, hochprofessionell, freundlich und flott. Man lebt vom Gast und ist sich dessen mit jeder Faser bewußt ...

Der Lammbraten Südtiroler Art ist gänzlich anders, als wir ihn bei uns oder im Mittelmeerraum kennen. Die Soße scheint mir leider etwas dünn geraten, manches Stück Fleisch, vornehmlich jene aus der Keule, hätten zarter ausfallen können (zu kurz gegaart?), aber der Speckknödel macht vieles wieder wett.

Die Aromatik des Fleisches ist unverwechselbar: Man schmeckt einfach, dass die Tiere auf Bergwiesen, reich an Blumen und Kräutern, grasen. Das schlägt sich auf die Milch der Mutterschafe und auf den Geschmack des Fleisches der Lämmer und auch erwachsener Tiere nieder, die man in Südtirol allerorten als Schöpsernes auf den Speisekarten von Berggasthöfen findet.

Fazit: Einen Versuch war das Gasthaus Steinegg wert, aber ich habe schon weitaus schmackhafter und zarter zubereitetes Lamm oder Schöpsernes in der Gegend gegessen. Die Aussicht ist atemberaubend, der Service bietet keinen Ansatz zur Kritik. Unterm Strich: Solide, ohne zu glänzen.

... Fortsetzung folgt - Stay tuned :-)



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